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mittelt und wunderbar unerwartet, so, wie es gesagt werden
sollte, �ber einem Waffelteig zum Beispiel, mit Mehl an der
Wange und Zucker an den Fingern und mitten in einer Radi-
odiskussion �ber die Lage im Mittleren Osten. Was Rebecca
dagegen schaffte, war, den R�hrl�ffel wegzulegen, langsam
das Hemd aus Synnes Hose zu ziehen, mit der Zunge ein Herz
um ihre Brustwarzen zu malen und Zucker dar�ber zu
streuen, ein s��es Herz, das weggeleckt werden musste, und
deshalb gab es dann doch keine Waffeln. Aber niemals sagte
sie: �Ich liebe dich.�
�Ich liebe dich�, keuchte Synne schwer und nass, im Takt
der Finger, die ziemlich energisch in Rebecca ein- und
auswanderten.
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Zwei Finger. Drei Finger. H�rter und fester.
�Ich liebe dich. Ich liebe dich.�
Betonung auf �liebe�. Ausatmen bei �liebe�, Eindringen
bei �liebe�, bei jeder Ber�hrung der Fingerspitzen auf dem
geschwollenen Kissen irgendwo dort drinnen, vorher, vor
jeder Ber�hrung: liebe!
Und endlich die Antwort, die ersehnte Antwort ein Strom
von Fl�ssigkeiten, eine pl�tzliche Ver�nderung der Kon-
sistenz. Vom �lglatten, sickernden, verf�hrerischen zu einem
heftigen Strom lebendigen Wassers, die reine Zauberkunst!
Die Finger mussten sofort innehalten, die Schleimh�ute
schlossen sich um sie und waren nicht mehr glatt, sie waren
nur hart und saugend und f�hlten sich an wie nichts anderes
auf der ganzen Welt; oder vielleicht wie kalkreiches Wasser
auf einem kostbaren Stoff, auf Damast oder grober, dicker
Seide.
Ohne die Hand zu entfernen, beugte sie sich tiefer �ber Re-
beccas Gesicht. Vorsichtig legte sie sich neben sie, mit dem
Kopf in der H�he der Brust, einer sich ausdehnenden Brust,
die die Augen geschlossen hatte und zu schlafen schien.
Synne st�tzte sich auf ihren freien Ellbogen.
�Du bist wieder da�, fl�sterte sie.
Rebecca �ffnete die Augen nicht, aber ihr einer Mund-
winkel bewegte sich ein wenig, es war der Anfang eines
L�chelns.
�Es war alles schrecklich�, sagte Synne jetzt, w�hrend sie
die Hand Millimeter um Millimeter herauszog.
Kleine Grimassen jagten �ber Rebeccas Gesicht, und sie at-
mete schwer, als die Hand endlich frei war. Es h�rte sich an
wie ein Keuchen.
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�Ich bin schrecklich froh, dass du wieder da bist�, fl�sterte
Synne. �Warum bist du zur�ckgekommen?�
Rebecca Dorothea Faber Lange Schultz gab keine Antwort.
Sie schlief.
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Synnes Gro�mutter starb in der Nacht auf einen Sonntag,
gleich nachdem der Samstag zu Ende war und der Feiertag
begonnen hatte. Synne erschien das als gutes Zeichen, der
Sonntag war ein sch�ner Tag zum Sterben. Sie war an einem
Sonntag geboren.
Sie musste zugeben, dass der Tod eines achtzigj�hrigen
Menschen nicht so tragisch war wie der eines f�nfj�hrigen.
Dennoch war es herzzerrei�end traurig, im wahrsten Sinne
des Wortes; wenn sie tief atmete, versp�rte sie Messerstiche
in der Brust. Die Gro�mutter war etwas Festes, etwas Greif-
bares gewesen, in einer Kindheit mit dauernden Umz�gen,
neuen Umgebungen, fremden Menschen. Die Gro�eltern war-
en best�ndig. Sie waren da, winzige Menschen, munter,
gro�z�gig, gastfreundlich und einfach immer begeistert von
ihren vielen Nachk�mmlingen.
Am Freitag hatte Synnes Mutter angerufen.
�Jetzt geht es dem Ende zu�, sagte sie tonlos.
Synne flehte Rebecca an, mitzukommen, sie fiel im wahr-
sten Sinne des Wortes auf die Knie und faltete die H�nde.
�Bitte, Rebecca, bitte!�
Aber Rebecca hatte die Kinder bei sich. Eine zivilisierte Ab-
machung hatte Rebecca genug Geld f�r ein ausreichend
gro�es Haus eingebracht. Auch die Kinder wurden gerecht
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geteilt. Eine Woche bei jedem Elternteil. Sehr modern.
�beraus bewusst. Sie w�rden erst am folgenden Freitag bei
ihrem Vater abgeliefert werden. Und dann w�rde Synnes
Gro�mutter schon tot sein.
Synne fuhr allein und traf am sp�ten Freitagabend im
Krankenhaus in Porsgrunn ein. Das Zimmer der Gro�mutter
war gef�llt mit Menschen und Krankenhausgeruch. Drei
Tanten und Onkel waren da, die Mutter und der Gro�vater; er
sa� in einem Sessel und d�ste und sah so verletzlich aus, dass
Synne seinetwegen in Tr�nen ausbrach, nachdem sie das Zim-
mer betreten hatte.
Die wei�en Haare der Gro�mutter waren so sch�n gek�m-
mt, nach hinten, sie umwogten das magere Gesicht, es war
von Natur aus schmal und jetzt von drei Krankheitsjahren
gezeichnet. Die Haut war bleich, aber nicht be�ngstigend, und
sie war trocken und warm, obwohl die Gro�mutter um Atem
rang und sich offenbar nur mit gro�er M�he am Leben
erhielt.
Die Gro�mutter hatte kleine, blassblaue Augen, die liebsten
Augen auf der Welt. Sie waren geschlossen, als Synne an ihr
Bett trat. Die Mutter beugte sich �ber sie, streichelte ihre
Stirn, ber�hrte eine Locke, die immer hineinfiel, und
fl�sterte:
�Jetzt ist Synne hier, Mutter. Synne ist gekommen.�
Es dauerte eine Weile, dann schaute die Gro�mutter durch
einen Spalt zwischen ihren Lidern zu ihr hoch. Synne beugte
sich vor, und obwohl die Gro�mutter im Sterben lag, obwohl
ihre Lunge mit Wasser bis zum Bersten gef�llt war und fast
keinen Sauerstoff mehr ans Gehirn weiterleiten konnte,
wusste Synne doch, dass sie gesehen wurde. Die Augen der
Gro�mutter hafteten an ihren, nicht lange, aber sie hafteten
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an ihren, und die Ahnung eines L�chelns huschte �ber das
Gesicht, ehe die Gro�mutter wieder in sich versank.
F�r Synne wurde Platz gemacht, oben, bei der Schulter der
Gro�mutter, damit sie ihre Hand halten konnte; sie war
trocken und knotig und vertraut.
�Warum haben sie ihr die Z�hne nicht rausgenommen?�,
fl�sterte Synne.
Das Gebiss, das der Gro�mutter so seltsam peinlich
gewesen war es war schrecklich f�r sie, dass sie in jungen
Jahren schon die Z�hne verloren hatte , sa� noch immer in
ihrem Mund, wenn auch locker, so, dass es sich im Takt ihres
keuchenden Atems bewegte. Es sah nicht h�sslich aus (genau
diese Erkenntnis, dass es weder h�sslich noch absto�end war,
es war nicht einmal peinlich, �berraschte Synne). Aber es sah
unbequem aus, es schien sie daran zu hindern, das bisschen
Luft einzuziehen, die sie trotz allem brauchte, um die wenigen
Stunden durchzuhalten, die ihr vom Leben noch blieben.
�Opa will das so�, fl�sterte die Mutter zur�ck.
�Aber das muss sie doch st�ren?�
�Nein, der Arzt hat gesagt, das sei kein Problem. Sie sp�rt
es gar nicht.�
Synne sa� fast drei�ig Stunden bei ihrer Gro�mutter, nur
unterbrochen von einer Mahlzeit und ab und zu einer Tasse
Kaffee. Irgendwann, nicht lange, nur f�r einige Minuten, war
sie mit ihr allein.
Mehr als alles andere h�tte sie ihr gern gesagt, wie lieb sie
sie hatte. Es tat Synne weh, es war eine schreckliche Last; sie
wollte, dass die Gro�mutter die Augen �ffnete und sie ansah,
die Tochter ihrer Tochter, das erste Enkelkind, aber Blickkon-
takt war nicht n�tig, war absolut nicht n�tig, sie wollte es
trotzdem sagen, sie war �berzeugt davon, dass die
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Gro�mutter sie h�ren konnte, Synne wollte so schrecklich
gern etwas sagen, das all die sch�nen Sommer umfasste, die
Ferien, die ganze Geborgenheit, die sie in dem kleinen Haus
in Kragero immer gefunden hatte, wenn alles andere schwi-
erig und un�berwindbar gewesen war, und die vielleicht nicht
im Haus gelegen hatte, sondern im Herzen der Gro�mutter.
Aber sie konnte nichts sagen. Synne weinte und weinte, das
gute Weinen, das nur von blauer Trauer erf�llt ist und keine
Spur von Reue oder von dem Wunsch enth�lt, etwas anderes
getan zu haben. Aber nicht das Weinen hinderte sie am
Sprechen. Sie traute sich einfach nicht. Die Angst �berkam
sie, dass das zum Tod f�hren k�nnte. Wenn Synne sagte, dass
sie sie liebte, w�rde die Gro�mutter sterben. Sie war wie be-
sessen von dieser Vorstellung: Die Gro�mutter warte nur auf
die verbale Best�tigung dessen, was sie schon wusste; wenn
die Best�tigung k�me, w�rde sie l�cheln und vielleicht die Au-
gen �ffnen und wieder schlie�en, um sich dann in die
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